Es ist schon so viel über uns berichtet worden. Erschienen sind Zeitungsartikel, Reportagen in Zeitschriften, Radio und Fernsehen, doch der weitaus grösste Teil dieser "Werke" sind so voller Faktenfehler, saloppjournalistischer Ungenauigkeiten, naiver Missverständnisse und sogar teilweise boshafter Unwahrheiten und Verdrehungen, dass wir von dem was andere über uns geschrieben haben, hier nur ganz weniges zur Auswahl anbieten werden.
Auch ist vieles Informationsmaterial, da es uns schon lange gibt, schlicht und einfach zeitlich überholt und veraltet. Wir sind werdende Menschen, dauernd am Weiterlernen und uns Weiterentwickeln. Nicht alles Gedachte und Gesagte ist heute noch gültig. Aus vielem Halbwissen wurde Wissen, und das sieht oft ganz anders aus wie das Halbe von gestern.
Und überhaupt, wir schreiben nicht gerne! Nach über 16 Jahren in Polen sind wir des Deutschen leider nicht mehr so sicher und des Polnischen immer noch nicht, d.h. es reicht jedenfalls nicht um anspruchsvolle Texte korrekt auf "Papier" zu bringen.
Hier ein Versuch, unsere Geschichte in Kurzform, mit Faktenangaben in Stichworten, zu schreiben:

Claudia

Geboren 1965 im Kanton Zürich in der Schweiz. Wie die meisten Menschen in der modernen zivilisierten Welt, ging sie lange zur Schule, später an die Universität. Um eines schönen Sommertages, ganz wie vorherbestimmt, plötzlich vor Thomas zu stehen und mit ihm ein sehr spannendes Gespräch zu beginnen. Es kamen Semesterferien. Sie ging ganz in den Norden nach Norwegen und Thomas in den Süden nach Südafrika. Zurück in der Schweiz, verabredeten sie sich wieder und wieder. Bis nach drei Wochen, Thomas dank Claudia, den Unterschied zwischen Verliebtsein und Liebe zu verstehen gelernt hatte. Und Claudia dank Thomas lernte, sich als liebens- und begehrenswerte attraktive junge Frau wahrzunehmen.

Thomas

Geboren 1966 im Kanton Zürich. Auch er ging zur Schule und später an die Universität, weil ihn alle Fragen ums Menschsein interessierten und weil er Claudia treffen wollte. Er hatte so viele Flausen im Kopf, dass wenn Claudia nicht plötzlich vor ihm gestanden wäre, er vielleicht die Gelegenheit verpasst hätte...

1987

Anfangs Oktober haben sie sich Selbst verpflichtet, Seite an Seite dem Anderen zu dienen, und als Alpha-Verbindung von weiblicher und männlicher Körperinkarnation, miteinander weiterzuschreiten, solange es dieses Leben erlaubt.

1988

Sie leben zusammen, Thomas bricht das Studium ab und beginnt als Briefträger bei der PTT in Zürich zu arbeiten. Finanzielle Unabhängigkeit. Standesamtliche Trauung. Bezug der ersten eigenen Mietgenossenschaftswohnung mitten im Kreis 4 in Zürich. Claudia bricht das Studium ab. Geburt der ersten Tochter Lisa.

1989

Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit als Marktfahrer. Verkauf von Gewürzen, Kräutern, Tee, Dörrfrüchten, Nüssen, Oelen und weiterer Naturprodukten, meist kontrolliert biologischer Herkunft. Erste Schritte zur Gründung einer neuen Experimental-Gemeinschaft.

1990

Geburt der zweiten Tochter Nadja. Thomas begegnet in Zürich dem Hopi-Sprecher Thomas Banyacya und hört die von ihm persöhnlich vorgetragenen Hopi-Prophezeiungen.

Rede von Thomas Banyacya vor der UNO
Remembering Thomas Banyacya (EN)


Entschluss, die Stadt und das normale Zivilisationsleben zu verlassen.

1991

Gemässigte "Aussteigversuche" stellen sich als nicht finanzierbar heraus. Kurz entschlossen wird ein Extremweg gewählt. Tippibau, Kündigung und Auszug aus der Wohnung. Umzug ins Zürcher Oberland in ein primitives Offene-Feuerstelle Tippi. Normale Anmeldung bei der Gemeinde und Weiterführung des eigenen Geschäftes. Bau eines zweiten Tippis. Bekanntschaften und Treffen mit an Experimental-Gemeinschaften interessierten Menschen.

1992

Die Gemeindebehörden machen wegen des unkonventionellen Lebensstils Probleme und verlangen die Räumung des Platzes. Geburt von Nicolas im Tippi. Abzug Ende Februar über Italien nach Südfrankreich. Landsuche für eine Selbstversorger-Existenz in Gemeinschaft. Nomadenleben und Lehrzeit an verschiedenen Orten. Überwinterung in einem neugebauten grossen Doppelhaut-Tippi mit Ofen und Kamin, auf einem Biologischen Bauernhof in Vermes im Kanton Jura.

1993

Bei einem Gemeinschaftsinteressierten-Treffen wird ein Oekodorf-Projekt in Nordost-Polen vorgestellt. Die neue Herausforderung wird in Angriff genommen: Deutschland- und Polenreise im April. Rückkehr und Formalitätenabklärung. Auswanderung nach Polen.
1. Juni Einfahrt in Polen. Pacht eines Grundstücks in Sajzy, 20 km nördlich von Ełk. Tippiaufbau und Anlegen eines Gemüsegartens. Das Oekodorf-Projekt wird in der Organisationsphase abgebrochen.
Durch die Hilfe und Vermittlung von Elżbieta Niedziejko von SIRT und Jadwiga Łopata von ECEAT-Polen, gelingt es einen geeigneten alten Bauernhof zu finden. Es gelingt, den Hof zu erwerben.
Am 5. September, Einzug ins neue Heim. Erste Renovationsarbeiten. Kauf von zwei Ferkeln und einer Schar Hühner mit Hahn. Zufälligerweise gelingt es auch zwei Ziegen und einen Bock zu erwerben.
Am 9. November überfällt der Winter überraschend und hart (sehr starker Wind, Temperatur fällt innert 8h von +8 auf -14°C, meterhohe Schneeverwehungen). Ein Schock!! Was nicht umbringt, macht härter und erfahrener. Nach drei Wochen ist der Spuk wieder vorbei. Der Winter wird "normaler" und es werden erste Kontakte mit einigen Nachbarn aufgenommen. Ein kleiner Radio wird gekauft.

1994

Hartes, einfaches und bescheidenes Leben. Im Februar -25°C und viel Schnee. Im März werden die ersten Ziegenlämmer geboren, der Bock und ein Schwein geschlachtet. Das zweite Schwein wird verkauft... der erste kleine Verdienst in Polen.
Ende März: der Schnee ist weg, die ersten Störche werden gesichtet. Der erste Gartenplatz wird vorbereitet. Erste Saaten... oh weh! Der Winter kehrt nochmals zurück.
April: Endlich Frühling, ein Frühbeetkasten wird gebaut, Gartenland vorbereitet und gesät. Mit Nachbarhilfe werden auch die ersten 2-3 ha Felder bestellt und besät. Wir kaufen uns ein Arbeitspferd.
Mai: Erste eigene Milch. Die ständige Niederlassung in Polen wird bewilligt. Geburt von Swendar.
Juni: Drei Schafe und ein Bock werden gekauft. Eine weitere Ziegen und ein neuer Bock, können erworben werden.
Die ersten ECEAT-Feriengäste kommen, das Tippi wird aufgebaut erstmals auf eigenem Grund und Boden. Ausgerechnet während der Rekordhitze von 37°C, wird ein neuer Kachelofenherd gebaut.
Thomas fährt noch ein letztes Mal für zwei Tage in die Schweiz, um die letzten paar, dort verbliebenen Habseligkeiten abzuholen und das Auto zu importieren. Lisa beginnt die "Zerówka" (Kindergarten) und lernt Fahrrad fahren. Mit dem neuen Kachelofenherd ist es im Haus bedeutend wärmer.

1995

Schneereicher Winter. Lisa kann fast täglich mit dem Pferdeschlitten zur Schule gebracht werden. Das erste polnische Fernsehteam dreht mitten im Winter, eine kurze Reportage über die mutigen (verrückten?) Schweizer, die es gewagt haben, sich im abgelegenen, armen Nordostpolen, niederzulassen. Nach der Ausstrahlung im polnischen Fernsehen werden sie im ganzen Land recht bekannt.
Mit dem Feld- und Gartenbau geht es schon bedeutend besser wie im ersten Jahr, entsprechend gelingen auch deutlich grössere Ernten.
Anerkennung als Bio-Kontrollbetrieb (Atest von Ekoland). Die erste kleine Ziegenkäse-Produktion und die ersten Kunden. Thomas fährt im September bis nach Danzig um in Kaschuben fünf weitere Ziegen zu kaufen. Der Ziegenbestand wächst auf 17 Muttertiere.
Ende November: Geburt von Gregor.

1996

Der längste und schneereichste Winter. Die Aussenwelt ist nur noch mit Pferdeschlitten erreichbar. Viele Extremerlebnisse im Zusammenhang mit den extremen Winterverhältnissen und den einfachen, immer noch sehr primitiven Lebensverhältnissen.
Begegnung mit Krzyśek, dem Bruder eines Nachbarn, er wird zum jahrelangen "Arbeitshilfe-Engel"! Die Käseproduktion wächst. Erste Reifkäseversuche, mit leider noch unbefriedigendem Geschmacksresultat. Bau eines neuen Stall- und Scheunengebäudes. Ein Nachbar schenkt einen alten Schwarzweiss-Fernseher, eine ausgezeichnete Polnisch-Lernhilfe während der Winterzeit!
Fassadenisolation. Mitte November findet ein brutaler Raubüberfall statt. Alle Fensterscheiben werden eingeschlagen, Thomas mit Baseball-Schläger zusammengeschlagen und dann Geld und Geräte geraubt. Glücklicherweise übersteht er diese Schläge ohne ernsthafte Verletzungen und es gelingt in den nächsten drei Tagen, die Scheiben zu ersetzen, gerade noch vor dem schneereichen Wintereinbruch. Eisnebel bringt viele Strommasten zum Brechen - die Folge davon ist ein siebentägiger Stromausfall!

1997

Im Januar wird die erste Kuh gekauft. Der neue Stall wird bezugsfertig - Gniada das Pferd und Brunnhilde die Kuh können einziehen und den alten dunklen Steinstall verlassen.
Im März: ein erstes Kalb und die erste Kuhmilch. Mehr Milch - mehr Käse... und die Reifkäse gelingen! - und finden regen Absatz. Mehr Käse - mehr Geld, es geht aufwärts! Am Haupt-Heueinfuhr-Tag: Geburt von Manuela.
Nach der Bewilligung durch drei polnische Ministerien, kann der Bauernhof endlich notariell überschrieben und offiziell gekauft werden. Kauf eines Traktors, eines Pfluges usw. Die Felder werden zum ersten Mal ohne Fremdarbeit gepflügt. Planung und Projektierung einer Hausvergrösserung.

1998

Relativ milder Winter. Mitten im Januar wird ganz Bachanowo ans Wasserleitungsnetz angeschlossen - endlich fliessendes Wasser im Haus. Es gibt aber noch keinen Abfluss! Bei Gelegenheit (Bagger, Wasserleitungsbau), Aushub der Baugrube für die Hauserweiterung.
Februar: Frostfrei!! - das Fundament kann betoniert werden. Es wird gebaut, Bachanowo ans Telefonnetz angeschlossen, und dann gesät, gebaut und Heu gemacht, gebaut und geerntet, weitergebaut... und dann kommt der Winter - zu früh! - der Bau ist für Monate lahmgelegt.

1999

Anfangs Januar und mitten in der Nacht: Geburt von Noah!
Im Frühling geht's dann zuerst auf den Äckern weiter. Viele Tonnen ausgepflügter und ausgegrabener Steine müssen weggeschleift oder eingesammelt werden. Zum ersten Mal werden zwei Kuhkälber zur Nachzucht behalten. Nach den ganzen Saatarbeiten wird wieder an der Hauserweiterung weitergebaut... und fleissig Käse produziert und verkauft. Und weil es gerade so rund läuft und gute Kräfte wirken, wird auch noch gleich das abbruchreife Vorkriegs-Wohngebäude abgebrochen, ein geplantes Gästehaus projektiert und innert vier Wochen, von einer Baufirma roh aufgebaut.
Zwei Baustellen und 1-2 Helfer (manchmal auch mehr! Denn sogar eine deutsche Grossfamilie hilft während ihrem Urlaubsaufenthalt tatkräftig mit!), Felder, Tiere, Käseproduktion und 7 Kinder = 7 Tagewoche mit 17 stündigem Arbeitstag. Anders lässt sich das alles nicht bewältigen.
Nach dem besonders fruchtbaren Sommer, folgt eine sehr grosse Ernte, welche dank tüchtiger Unterstützung durch verschiedene Bauhelfer, auch erfolgreich eingebracht werden kann.
Nachdem der Neubauteil äusserlich beinahe fertig gestellt ist, wird Etapenweise das alte Hausdach abgeräumt und das neue Dach gebaut. Ganz ohne Pannen geht es leider nicht. Im Herbst reisst mitten in der Nacht, ein Gewittersturm die Schutzplane vom abgebrochenen Dachteil. Die ganze Wassermasse des intensiven Regens dringt durch die Holz-Zimmerdecke und durchnässt die schlafenden Kinder in ihren Betten. Nach einer Stunde Einsatz, auf dem Dach und beim Trocknen und Bettzeug wechseln im genässten Zimmer, können alle wieder trocken weiterschlafen.
Dafür ist dieses Jahr das Klima gnädig und es gelingt bis anfangs Dezember, noch vor dem ersten Schnee, das ganze Dach fertig zustellen und das ganze Haus dicht zu kriegen. Auch die ganzen Äcker können noch gepflügt werden. Dann folgt während der langen Wintermonate, der ganze Innenausbau und die Fassadenisolation.
Dank dem wundervollen Einsatz von Krzyśek, geht es täglich sichtbar weiter. Noch ein letztes mal Lichterfest im viel zu engen, alten Hausteil, wo es für 9 Personen, nur zwei Zimmer gab. Der Lichterbaum steht mitten im ganzen Durcheinander des viel zu kleinen Hauses. Genau am Silvester, zum Jahrtausendwechsel, wird der neue Hauseingang durchgebrochen und der Alte zugemauert und befenstert.

2000

Der alte Hausteil ist nun mit dem Neuen verbunden. Im Januar wird das erste Zimmer fertig: Claudia und Thomas bekommen endlich ein eigenes Zimmer; Kleider und Bücher können das jahrelange Schachtelprovisorium verlassen. Der Heisswasser- und Kachelofen und die ganze Wasserinstallation werden auch fertig - die Badewanne kann eingeweiht werden! Die Aussenisolation wird fertig.
Im März können Lisa und Nadja ihr eigenes Zimmer beziehen. Auch die Natur wacht wieder auf. Ziegenlämmer und Kälber werden geboren, die Milch fliesst wieder und natürlich geht die Arbeit auf den Feldern wieder los. Nach den Saaten bekommen auch Nicolas und Swendar ihre eigenen Zimmer. - Der alte Hausteil hat nun nur noch drei Schlaf-Bewohner, es hat viel Platz gegeben... doch Claudias Bauchform verspricht schon einen baldigen Familienzuwachs!
Leider hat es das ganze Frühjahr durch nur ganz wenig Regen gegeben. Im Mai sind die ganzen Wiesen und Weiden fürchterlich dürr. Das Gras wächst nicht mehr und verdorrt, es kann fast kein Heu eingebracht werden. Das Getreide leidet auch. Es folgt wochenlanges vergebliches Hoffen auf Regen.
Nachdem schon in verschiedensten Medien in Polen, über die schweizerische Auswanderer-Familie berichtet wurde, auch schon das Deutsche Fernsehen da gewesen war, kommt zum ersten Mal eine Journalistin im Auftrag einer Schweizer Tageszeitung vorbei. Auch kommt ein polnisches Filmteam mit der Absicht vorbei, einen kleinen Dokumentarfilm (PL) zu drehen. Der fertige Film zeigt zwar nicht gerade die reale Lebenssituation, sondern eher ein idealisiertes/verzerrtes Bild davon, gewinnt aber sogar einen Dokumentarfilm-Preis und wird in der Folge nicht nur in Polen, sondern über den Polonia Sender, auf der ganzen Welt ausgestrahlt und Einiges an netter Fanpost von Polen in Australien, Amerika und der Schweiz trifft ein.
Den ganzen Frühsommer, wird am Innenausbau des Gästehauses gearbeitet. Halbfertig kommen schon die ersten Besucher: FreundInnen, Verwandte und Bekannte. Mitten im August, der grösste Käsekunden-Andrang ist gerade vorbei, wird Lorena geboren.
Die andauernde Dürre hat deutliche Folgen: Es hat viel zu wenig Futter für alle Tiere! Im Herbst wird die alte Kuh (Waldburga), das schon zwei Jahre ungenutzte Arbeitspferd und das eine Kuhrind, an Nachbarn verkauft. Dieses "Gesundschrumpfen" bringt viel Arbeitsentlastung während dem Winter. Unbeschwerter kann weiter innen ausgebaut werden.

2001

In der Sylwesternacht beginnt erst der richtige Winter. Es schneit während Stunden. Das neue Jahr beginnt mit 40-50 cm Neuschnee und stundenlangem Schneeschaufeln.
In den beiden Häusern gehen die Innenausbauarbeiten weiter. Nachdem Brunhilde und die junge Kuh Hulda gekalbt haben, kann wieder fleissig Käse gemacht werden. Wieder wird gesät und Steine gesammelt. Auch werden viele Bäume gepflanzt.
Claudia bekommt eine automatische Waschmaschine geschenkt, womit zehn Jahre langes, mühsames Hand- und "Wirówka" waschen, ein Ende nehmen.
Im Sommer besuchen uns auch dieses Jahr wieder viele FreundInnen, Verwandte und Bekannte. Lisa, Nadja und Nicolas können am Sommerlager des Eko-Art-Village Projektes teilnehmen, welches von guten Bekannten von uns, organisiert wird. Wieder fällt viel zu wenig Regen. Die Ausmasse der Trockenheit sind nicht ganz so schlimm wie im Jahr zuvor, trotzdem sind die Ernten unterdurchschnittlich klein.
Im August, die Bauarbeiten sind ziemlich abgeschlossen, beendet Krzyśek seine Arbeitseinsätze. Er findet eine feste Anstellung und heiratet. Mit nur noch einem Paar Männerhänden, gehen alle Arbeiten langsamer und mühsamer. Schuljahrsbeginn im September: Es gehen schon 4 Kinder zur Schule. Lisa hat die Grundschule schon beendet und kommt ans Gymnasium nach Jeleniewo (ca. 15 Km Schulweg).
Das Wintergetreide wird gesät, die letzten Felder und die Kartoffeln geerntet, die Felder gepflügt, der Garten schlussgeerntet und für das kommende Jahr vorbereitet, Steine gesammelt, Wintervorbereitungsarbeiten gemacht und... erfahrungsgemäss, der Winter zu früh kommt und die letzten Arbeiten, unerledigt abbricht. Doch in den Ställen und im Haus, geht die Arbeit nie aus.

2002

Mit der Geburt von Beata im Januar, vergrössert sich die Familie noch einmal. Sonst läuft alles im Jahreszeiten-Rhythmus wie gewohnt. Nur ist das Jahr wieder schrecklich trocken. Dafür scheint meistens die Sonne und es ist sehr warm. Ein ziemlich ausgeflippter und glücklicher Sommer nimmt seinen Lauf. Lisa, Nadja und Nicolas nehmen wieder am Sommerlager des Eko-Art-Village Projektes, teil. Dürrebedingt gibt es kleinere Ernten, weniger Arbeit, aber viel Teichbaden, Geselligkeit und Plausch.
Erwartungsfroh, was wohl das kommende Jahr an neuen Eindrücken und Erfahrungen bringen wird, geht's durch die jahreszeitlichen Arbeiten und Pflichten, dem Jahresende entgegen.

2003

Extrem kalter Winter mit dreimaligen Unter-Minus-Zwanzig-Grad-Phasen. In einer davon fällt die Temperatur in der Nacht auf -36°C und sogar am Tag halten sich -26°C. Die Nacht darauf ist es netterweise wieder -28°C warm. Neben der Kälte, ging 2003 als "Kuhjahr" in die Erinnerung ein. Drei Kühe wurden gekauft, und zwei zum Schlachten verkauft. Im Endresultat wuchs die Herde um eine Kuh auf 3 Stück. Alle mit den gelben EU-Ohrmarken bestückt, welche seit einem Jahr alle Rindviecher tragen müssen.

2004

Ein sehr arbeitsintensives Jahr mit rekordmässiger Käseproduktion. Polen tritt der EU bei. Wir können den Antrag für Direktzahlungen stellen. Endlich können auch Bauern ohne polnische Staatsbürgerschaft der KRUS (Bauernversicherung) beitreten. Lisa beendet das Gymnasium in Jeleniewo und beginnt das Allgemeinbildungs-Liceum an der Marion Dönhoff Schule in Mikołajki. Nicolas beginnt die 6. Klasse in Jeleniewo. Ein leichtes, doch für unsere Region sehr ungewöhnliches Erdbeben lässt am 21. September die Erde beben. Kurz darauf, am 2. Oktober, wagen wir einen grossen Schritt in die Zukunft und kaufen uns einen Computer.
Im November, nach einer Fehlgeburt mit der Folge einer schweren Blutvergiftung, liegt Claudia ein paar Tage lang auf der Intensivstation des Spitals in Suwałki. Zwei Tage lang ist ungewiss, ob sie überleben wird... aber dann entscheidet sie sich für das Leben und nach sechs Wochen ist sie wieder bei vollen Kräften. Durch dieses Extrem-Erlebnis, verbunden mit den medizinischen Eingriffen und deren Folgen, verlieren wir für Monate unser gesundheitliches Gleichgewicht. Wir verstricken uns in ein "Interaktions-Spiel" mit Krankheit, Hypochondrismus, Ärzten und den Mängeln des polnischen Gesundheitswesens.

2005

Die harten Wintermonate werden wegen diesem Interaktions-Spiel zu einer Plage. Nach 10 Jahren unabhängiger biologischer Bewirtschaftung unserer Felder, werden wir wieder atestierter Bio-Betrieb, was uns neben vielem Papierkram und Kontrollen, nun aber auch ordentliche finanzielle Vorteile bringt.
Wieder werden wir mit Trockenheiten geplagt. Kleiner Stallumbau (Vergrösserung und Modernisierung des Hühnerstalls).

2006

Das polnische Fernsehen dreht eine Fortsetzung des Filmes über uns, aus dem Jahr 2000. Swendar bricht sich den Arm beim Fussballspielen in der Schule. Über das ganze Sommerhalbjahr herrscht reger Betrieb mit Gästen und gemeinschaftsprobe-willigen Menschen. Nadja geht auch nach Mikołajki ans Marion Dönhoff Liceum.

2007

Der richtige Wintereinbruch erfolgt erst am 19. Januar, und schon nach zwei Monaten ist er wieder vorbei. Wir reichen die Antragsgesuche für die polnische Staatsbürgerschaft ein. Unser treugediente blaue Toyota Hiace Bus muss "altershalber" ausgemustert werden. Wir kaufen uns ein neues "altes" Auto. Und wieder herrscht über das ganze Sommerhalbjahr ein reger Besucher- und Gemeinschaftsprobe-Betrieb. Ein herrenloses Hunderudel beisst uns, am 2. September, 5 Ziegen tot. Lisa macht die Matura und beginnt nach den Ferien ein Germanistik Studium an der Universität in Olsztyn. Ein Jauchetank wird gebaut und das Ziegengehege vergrössert und verbessert. 3 Wochen Winter schon im November, gefolgt von einem herbstlichen Dezember.

2008

Wiedereinmal mehr, beginnt der richtige Winter mit dem Jahreswechsel. In der ersten Januarwoche, begleitet von sehr starkem Wind, fällt die Temperatur auf -16°C. Im Stall gefrieren die Tränken und alle Tiere müssen per Eimer mit Wasser versorgt werden, welches mühsam vom Haus angeschleppt werden muss. Bei einem Fahrradsturz auf der total vereisten Strasse zur Schule, bricht sich Gregor den Arm, was ihm einen lästigen Gibs und den Eltern viele Umtriebe mit Arztbesuchen beschert.
Tauwetter mit Schneeschmelze und heftigen Regenfällen, bei nur oberflächlichem Antauen des tief gefrorenen Bodens, führt zu einer schlimmen Vermorastierung unserer Zufahrt. Trotz dieser prekären Wegverhältnissen, gibt es viel Besuch von Freunden und Bekannten.
Im Februar und März gelingt es endlich, die vor acht Jahren begonnene und dann liegen gebliebene Innenausbauarbeiten, zu beenden. Wie so oft, gibt es viel Ämterkram zu erledigen. Wir beschliessen, die ganze "Hof-Administration" zu computerisieren. Dieser Prozess zieht sich über das ganze Jahr hinweg. Nach anfänglichem Mehraufwand, machen sich schnell die vielen Vorteile dieser Neuerung bemerkbar.
Aus einem spontanen Impuls gelingt es über das lange Mai-Wochenende ein Treffen zu organisieren. Zum ersten Mal nach 10 jähriger Pause stellen wir sogar wiedereinmal eines unserer Tippis auf.

Fotos vom Mai-Wochenende 2008

Im Frühjahr macht die Trockenheit zu schaffen, später dann während der Erntezeit, die andauernde Feuchte. Einiges Erntegut verfault oder verschimmelt. Während des ganzen Sommers kommen wieder viele Besucher und auch einzelne Helfer vorbei. In kleinem Rahmen findet auch ein einwöchiges Lager für oekodorfinteressierte Menschen statt.

Fotos vom Lager 2008

Nach den Sommerferien gehen die 7 noch zu Hause verbliebenen Kinder nach Jeleniewo zur Schule. Allen gefällt es, endlich in einer richtigen Schule mit vielen Mitschülern zu sein. Die Schule in Bachanowo wird aufgelöst und dann mit EU-Geldern zu einem Gemeinschaftszentrum umgestaltet, mit Computerraum und vielen Spielmöglichkeiten.

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Fortsetzung folgt...